14 Japanische Kalligraphien zum Leiden Christi von Junko Baba

Ausstellung in der Reihe „Kunst hinter’m Vorhang“

In der Reihe „Kunst hinter’m Vorhang“ werden ab Sonntag, 23. September 2018, in der Kirche „Maria Schmerzen“ im Kaasgraben japanische Kalligraphien zum Leiden Christi, sowie weitere Kalligraphien gezeigt.

Die Künstlerin Junko Baba

Die Künstlerin Junko Baba ist in Fukuoka (Japan) geboren, Lehrbeauftragte an der Universität Wien und Vizepräsidentin des internationalen Vereins ,,Global Calligraphy Vienna“. Sie leitet die Europäische Zweigstelle der Nihon Shuji Kalligraphie Gesellschaft, und gilt als eine der aktivsten Performance-Künstlerin der japanischen Kalligraphie im europäischen Kulturraum. Ihr Urgroßvater Shunson Tohaya (1837-1905) gründete eine der ersten Kalligraphie-Schulen in Kyushu. Als Kind erhielt sie Kalligraphie-Unterricht bei ihrer Mutter, mit 18 machte sie den Abschluss des Nihon-Shuji Kalligraphie-Lehrerdiploms. Danach folgte ein Musikstudium mit Uni-Abschluss an der Musashino Universität in Tokyo und am Mozarteum in Salzburg.
Nebst zahlreichen Live Performances, Ausstellungen, Vorträgen und Workshops zeigt ihre Verbundenheit mit Japan die kürzlich ins Leben gerufene Spendenaktion für die Erdbebenopfer in Kumamoto. Sie leitet auch ein Atelier in der Operngasse in Wien. Mehr dazu >>>hier…

Zu ihren in der Kaasgraben Kirche ausgestellten Kalligraphien schreibt sie Folgendes:

Japanische Kalligraphie und Christlicher Kreuzweg? Auf den ersten Blick sind beide künstlerischen Darstellungen so weit voneinander entfernt, wie keine zwei anderen voneinander entfernt sein könnten. Aber nur auf den ersten Blick…

Was ist japanische Kalligraphie?

Die sogenannten „Kanji“-s, die „Buchstaben“ chinesischer und japanischer Schriften, sind wohl die ältesten der heute verwendeten Schriftzeichen. Sie stammen von reduzierten hieroglyphischen Abbildungen und sind etwa 1000 Jahre älter, als die lateinischen Buchstaben. Da die Schriftzeichen aber Wörter und keine Buchstaben sind, kann alles viel konzentrierter aufgeschrieben werden: eine Seite in einem japanischen Buch entspricht etwa vier bis fünf Seiten auf Deutsch.

Dieser Unterschied spiegelt sich auch in der Denkweise der Japaner wider. Stark komprimierte Notifikation ermöglicht einen weitreichenderen Überblick, als es im abendländischen Kulturraum üblich ist. (Stichwort: Römisches Recht, wo nach einer eindeutigen JA/NEIN Antwort gesucht wird –während die Fernöstliche Denkweise zwischen JA und NEIN unendlich viele Kompromissstufen sucht.)

Die „Komprimierung“ als Kunstrichtung ermöglicht es, lange Sätze kurz zu beschreiben – vorausgesetzt man kennt die kulturellen und historischen Hintergründe. Ein Beispiel auf Deutsch: die Schlüsselworte des Satzes „Dankbarkeit gehört zu den Schulden, die jeder Mensch hat, aber nur die wenigsten tragen sie ab“ sind: „Dankbar, Jeder, Wenige, Abtragen“. Kommt man aus dem deutschsprachigen Kulturraum und liest „Dankbar, Jeder, Wenige, Abtragen“, assoziiert man früher oder später oben genannten Satz.

Das Konzept „14 Japanische Kalligraphien zu den Leiden Christi“

Greifen wir nun ein einziges Wort jeder Station auf, das mit dem Kreuzweg oder dessen biblischem Hintergrund in Zusammenhang steht! Schreiben wir diese 14 Wörter hintereinander auf, wird der Leidensweg Christi sofort erkennbar – auch wenn die Stationen selbst, weder bildlich noch anders betitelt zu sehen sind.

Und eben darum geht es in diesem künstlerischen Werk: aus den kalligraphierten Wörtern sollen sich Gefühle und Gedanken entfalten, die wir weiterdenken und mitnehmen können.

Ich wünsche Ihnen offene Herzen und Seelen beim Betrachten der Schriftrollen!

Ihre Junko Baba

14 Japanische Kalligraphien zu den Leiden Christi

1. URTEIL FÄLLEN

Darauf ließ Pilatus, um die Menge zufrieden zu stellen, Barabbas frei und gab den Befehl, Jesus zu geißeln und zu kreuzigen. (Markus 15, 15)

2. SCHULTERN

Er trug sein Kreuz und ging hinaus zur sogenannten Schädelhöhe, die auf Hebräisch Golgota heißt. (Johannes 19, 17)

3. STÜRZEN (HINKEND, STOLPERND FALLEN)

Als ich stürzte, verhöhnten sie mich. (Psalm 35, 16)

4. BEGEGNEN (UNERWARTET AUF JEMANDEN TREFFEN)

Und Simeon sagte zu Maria, der Mutter Jesu: Dieser ist dazu bestimmt, dass in Israel viele durch ihn zu Fall kommen und viele aufgerichtet werden. Dir selbst aber wird ein Schwert durch die Seele dringen. (Lukas 2, 34-35)

5. HELFEN

Einen Mann, der gerade vom Feld kam, Simon von Zyrene, zwangen sie, sein Kreuz zu tragen. (Markus 15, 21)

6. GEBEN (UNEIGENNÜTZIG, BEI NOT DES NÄCHSTEN)

Selig die Barmherzigen; denn sie werden Erbarmen finden.
Selig, die ein reines Herz haben; denn sie werden Gott schauen.
Selig, die Frieden stiften; denn sie werden Kinder Gottes genannt werden. (Matthäus 5, 7-9)

7. SCHLAGEN (SPOTTEND VERPRÜGELN)

Alle, die mich sehen, verlachen mich, verziehen die Lippen, schütteln den Kopf. (Psalm 22, 8)

8. TRÖSTEN

Ihr Frauen von Jerusalem, weint nicht über mich; weint über euch und eure Kinder! Denn es kommen Tage, da wird man sagen: Wohl den Frauen, die unfruchtbar sind, die nicht geboren und nicht gestillt haben. Dann wird man zu den Bergen sagen: Fallt auf uns!, und zu den Hügeln: Deckt uns zu! Denn wenn das mit dem grünen Holz geschieht, was wird dann erst mit dem dürren werden? (Lukas 23, 28-31)

9. ZUSAMMENBRECHEN (OHNMÄCHTIG WERDEN)

Zum Spott geworden bin ich all meinen Feinden, ein Hohn den Nachbarn, ein Schrecken den Freunden; wer mich auf der Straße sieht, der flieht vor mir. Ich bin dem Gedächtnis entschwunden wie ein Toter, bin geworden wie ein zerbrochenes Gefäß. (Psalm 31, 12-13)

10. BERAUBEN (SOWOHL MATERIELLES, ALS AUCH DIE EHRE)

Sie gaffen und weiden sich an mir. Sie verteilen unter sich meine Kleider und werfen das Los um mein Gewand. (Psalm 22, 18-19)

11. KREUZIGEN

Sie kamen zur Schädelhöhe; dort kreuzigten sie ihn und die Verbrecher, den einen rechts von ihm, den andern links. (Lukas 23, 33)

12. STERBEN

Dann sagte er zu dem Jünger: Siehe, deine Mutter! Und von jener Stunde an nahm sie der Jünger zu sich. Danach, als Jesus wusste, dass nun alles vollbracht war, sagte er, damit sich die Schrift erfüllte: Mich dürstet. Ein Gefäß mit Essig stand da. Sie steckten einen Schwamm mit Essig auf einen Ysopzweig und hielten ihn an seinen Mund. Als Jesus von dem Essig genommen hatte, sprach er: Es ist vollbracht! Und er neigte das Haupt und gab seinen Geist auf. (Johannes 19, 27-30)

13. MITNEHMEN

Da es Rüsttag war, der Tag vor dem Sabbat, und es schon Abend wurde, ging Josef von Arimathäa, ein vornehmer Ratsherr, der auch auf das Reich Gottes wartete, zu Pilatus und wagte es, um den Leichnam Jesu zu bitten. Pilatus war überrascht, als er hörte, dass Jesus schon tot sei. Er ließ den Hauptmann kommen und fragte ihn, ob Jesus bereits gestorben sei. Als der Hauptmann ihm das bestätigte, überließ er Josef den Leichnam. (Markus 15, 42-45)

14. BEGRABEN

Sie nahmen den Leichnam Jesu und umwickelten ihn mit Leinenbinden, zusammen mit den wohlriechenden Salben, wie es beim jüdischen Begräbnis Sitte ist. An dem Ort, wo man ihn gekreuzigt hatte, war ein Garten, und in dem Garten war ein neues Grab, in dem noch niemand bestattet worden war. Wegen des Rüsttages der Juden und weil das Grab in der Nähe lag, setzten sie Jesus dort bei. (Johannes 19, 40-42) 

Drei Großkalligraphien in der Donauschwabenkapelle

BEKENNTNIS          –           GEBET                  –                BLINDHEIT

Diese drei Kalligraphien stellen eine Parallele zum gekreuzigten Jesus und den beiden Schächern her.

Einer der Verbrecher, die neben ihm hingen, verhöhnte ihn: Bist du denn nicht der Messias? Dann hilf dir selbst und auch uns!
Der andere aber wies ihn zurecht und sagte:  Nicht einmal du fürchtest Gott? Dich hat doch das gleiche Urteil getroffen. Uns geschieht recht, wir erhalten den Lohn für unsere Taten; dieser aber hat nichts Unrechtes getan.
Dann sagte er: Jesus, denk an mich, wenn du in dein Reich kommst.
Jesus antwortete ihm: Amen, ich sage dir: Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein.

Drei Kalligraphien in SOSHO Style in der Kirche

UCHU (Universum)

Im ersten Schritt ist das tatsächliche physikalische / astronomische Universum und dessen Unendlichkeit gemeint. Darauf wird gebaut…

KACHOFUUGETSU (Blumen, Vogel, Wind, Mond)

Ein Schritt weiter: es zeigt die Natur durch vier Geschöpfe, wie Schönheit (Blumen), Eleganz (wie der Vogel fliegt), Bewegung (Wind) und das Vergehen (Mond und dessen Phasen). Diese führen uns zu einer innerlichen Ruhe und Gelassenheit, vergleichbar einer positiven Melancholie, die uns mit den erfolglosen menschlichen Anstrengungen versöhnt.

NICHI NICHI KORE KOU NICHI (Jeder Tag ist  ein guter Tag / Zen Spruch)

Als letzter Schritt wird uns bewusst, dass es zwar gute und schlechte Tage gibt, aber jeder Tag und jeder Moment in sich einzigartig und unwiderruflich ist. Und in dem JETZT, in diesem Augenblick sollen wir das „GUTE“ davon mitnehmen.

Weitere Fotos von der Ausstellung finden Sie >>>hier…

Die Einleitung und die Predigt von Pater Sebastian Leitner beim Eröffnungsgottesdienst finden Sie >>>hier…

GOTT – DAS HEILIGE